(1) „Wir haben zur Zeit einen Dreijährigen in unserer Gruppe, der ständig unsere Räumlichkeiten verlässt, um sich zu verstecken. Er wartet bis niemand hinguckt und läuft los … Gestern war es wieder so weit. Mir fiel auf dass er nicht unter den 21 anwesenden Kindern ist, und meine Kollegin ging im ganzen Haus auf die Suche. Inzwischen war ich mit 20 Kindern alleine im Raum. Ein junges Mädchen hatte sich eingenässt und ich musste ins Bad, um sie umzuziehen. So sind inzwischen 19 Kinder alleine in unserem Gruppenraum. Es kamen zwei Kinder zu mir; eines ging auf die Toilette und rief ständig nach mir, da es Hilfe brauchte; das zweite Kind weinte, weil es nach Hause wollte. Ich hörte währenddessen ständig unser Diensthandy läuten, und lauten Wirbel im Gruppenraum. Als das Mädchen umgezogen war, ich das weinende Kind getröstet hatte, dem anderen Kind den Po gesäubert hatte, und wieder in den Gruppenraum kam, hatte eine Handvoll Kinder alle Wasserperlen (zum Experimentieren) ausgeleert und angefangen damit „herumzukicken“. Nun kam meine Kollegin zurück (das gesuchte Kind hatte sich im Personalklo versteckt) und begann mit den Kindern gemeinsam die Wasserperlen aufzusammeln. Das Diensthandy läutete wieder, ich konnte nun abheben, und ein Vater fragte mich: „Warum kann ich da niemanden erreichen!?“ Während des Telefonats sah ich, dass der vorhin gesuchte Junge wieder (mit Knete in der Hand) hinauslief. Meine Kollegin hatte alle Perlen eingesammelt und half den Kindern, ihre Jause aufzuschneiden/auszupacken usw. und trug dabei das weinende Kind, das sein Zuhause vermisste. Nach dem Telefonat lief ich los, um den Jungen einzuholen, und nahm zwei Kinder mit, die sehr laut und stürmisch waren, und bei denen ich das Gefühl hatte, dass sie Beschäftigung brauchen. Nachdem wir den Jungen gefunden hatten, hörte ich ein Kind rufen. Ich ging auf die Toilette und sah, dass zwei Kinder die Spiegel mit Seifenwasser eincremten und das Waschbecken verstopften… Während wir das Chaos beseitigten, ging meine Kollegin das Geschirr der Jause abwaschen und das Geschirr für das Mittagessen vorbereiten. Ich guckte auf die Uhr: es war 10:30 – die Kinder brauchen Bewegung! Während das Geschirr vorbereitet wurde, machte ich den von mir geplanten Sitzkreis. Es muss dabei immer etwas gefunden werden, das Kinder von 3 bis 6 Jahren anspricht (wobei 19 Kinder von ingesamt 25 nicht Deutsch als Muttersprache haben). Anschließend ging es in den Garten zum Austoben. Davor muss allen Kindern geholfen werden, in die Skihose, Skijacke, Handschuhe, Stiefel usw. zu kommen. Nachdem alle angezogen sind, schwitzt man selbst sehr, und das eine Kind ruft: „Jessi, ich Klo muss!” Meine Kollegin ging mit den 19 Kindern in den Garten und ich half dem Mädchen sich wieder auszuziehen… Es war inzwischen 11 Uhr und der Arbeitstag dauert noch 3 Stunden …“
Jessica, Pädagogin (Kindergarten), Steiermark
(2) „An der rechten Hand einen Gummihandschuh, im WC einen Kinderpopo putzend; in der linken Hand das Diensthandy am Ohr. Der Rest der Kinder war in der Gruppe alleine – ich hatte sehr oft und über lange Zeit keine Assistentin … Wegen der Corona-Pandemie dürfen Eltern den Kindergarten nicht betreten, also ziehen wir Pädagoginnen die Kinder an und bringen sie den Eltern zur Türe (aus dem 1. Stock ins Erdgeschoß). Der Rest der Kinder bleibt im 1. Stock alleine, daher passierte kürzlich eine Beiß-Attacke…“
Claudia, Pädagogin (Kindergarten), Wien
(3) „M. (4): „Die A. hat mir das rote Auto weggenommen!“ Meine Antwort (weil ich grad echt nicht weg kann): „Macht euch das selber aus.“ Es tut weh, so etwas sagen zu müssen, denn ich weiß: zwei 4-Jährige können sich das nicht „selber ausmachen“.
Krabbelgruppe, eine Woche mit nur fünf Kindern (krankheitsbedingt): S. (2 Jahre 8 Monate alt, Erstsprache Georgisch) schaut täglich mit mir Bilderbücher an, wir genießen die 1:1-Situation, ihr deutscher Wortschatz entwickelt sich explosionsartig. Sollte das nicht der Normalfall sein?“
Kerstin, Pädagogin (Kindergarten/Krabbelstube), Oberösterreich
(4) „In meiner Kindergartengruppe sind 20 Kinder zwischen 2,5 und 6 Jahren. Im Lockdown war ca. die Hälfte der Kinder da (zwischen 8 und 12 Kinder). Das Arbeiten/die Bildungsarbeit in dieser Zeit war super. Ich konnte auf jedes Kind so individuell eingehen, wie ich es mir für unsere Arbeit wünsche. Ich konnte mir Zeit für die Interessen und Bedürfnisse jedes einzelnen Kindes nehmen. Seit Montag sind wieder alle 20 Kinder im Kindergarten. Die Umstellung für mich, meine Betreuerin, aber auch für die Kinder, die im Lockdown da waren, ist extrem. Plötzlich müssen die Kinder wieder warten, bis ich Zeit für sie habe, weil so viele meine Unterstützung brauchen, oder mir einfach etwas erzählen wollen. Ich mache mir dann selbst so einen Druck und Stress, weil ich die Kinder eigentlich nicht warten lassen möchte. Ich muss dann z.B. entscheiden, welches weinende Kind nun als erstes getröstet wird. Das führt zu großer Überforderung. Ein Kind im letzten Kindergartenjahr hat diese Woche zu mir gesagt, dass es besser war, als weniger Kinder da waren. Als Grund nannte es, dass es viel leiser war, und dass es Spielbereiche einfacher wählen oder wechseln kann, weil eben dort nicht so viele Kinder sind.
Noch drei konkrete Beispiele:
Bringsituation: Ich bin alleine in der Gruppe, Betreuerin kommt erst später. Im Gruppenraum sind bereits 8 Kinder. Ich übernehme in der Garderobe, von der ich nicht in den Gruppenraum sehe, zwei Kinder. Eines davon weint, weil es sich von der Mutter nicht trennen möchte. In der Garderobe helfe ich den Kindern beim Ausziehen und tröste das weinende Kind, das sich an mich klammert. Gleichzeitig kommen zwei weitere Kinder, wovon ein Kind ebenfalls weint und Hilfe bei der Trennung von der Mutter braucht.
Wir gehen in den Garten: 20 Kinder müssen angezogen werden – Gatschhose, Jacke, Haube, Schal, Handschuhe (20×10 Finger in die Handschuhe stecken)… Und dann aber nicht vergessen: manche Kinder haben eine Weste, die sie unter der Jacke anziehen sollen; andere haben wieder keine Handschuhe mit – Reservehandschuhe werden gesucht. Währenddessen sind schon ein paar Kinder angezogen, denen heiß wird. Also dürfen diese auf die TERRASSE gehen. Nun heißt es die Kinder weiter anziehen, das richtige Gewand suchen und gleichzeitig die Kinder, die draußen sind, wieder zurück auf die Terrasse holen, damit wir sie im Blick haben. 15 Minuten später sind dann alle angezogen und im Garten.
Heute: meine Betreuerin hat mit ein paar Kindern ein Bilderbuch betrachtet. Ein Kind hat mir erzählt, was es gezeichnet hat, ein Kind brauchte Hilfe am WC, und gleichzeitig entstand ein Streit zwischen drei Kindern im Baubereich. Mir ist diese Woche auch aufgefallen, dass Konflikte unter den Kindern viel viel häufiger auftreten als im Lockdown. Es sind mehr Kinder auf engem Raum, die z.B. das gleich Spielzeug wollen und ich bin weniger präsent um Konflikte schon vorher abzufangen bevor sie eskalieren (z.B. Kinder die sich schlagen).
Bianca, Pädagogin (Kindergarten), Niederösterreich
(5) „Erst seit einem halben Jahr arbeite ich als Kindergartenpädagogin. Nun möchte ich doch lieber studieren – aber warum? Weil ich als einzige Pädagogin, mit einer Assistentin, für 25 Kinder verantwortlich bin. Die Assistentin ist oft nicht in der Gruppe, weil sie Aufgaben wie die Reinigung zu übernehmen hat. Noch dazu kommt das Problem der wenigen Vorbereitungsstunden, die sowieso gelegentlich gestrichen werden, weil Kinderdienststunden zu leisten sind. Unter diesen Rahmenbedingungen möchte ich nicht arbeiten.“
Martina, Pädagogin (Kindergarten), Wien
(6) „Wir sind jeweils eine Pädagogin und eine Betreuerin im Team. Wir haben 25 Kinder in unserer Gruppe, wobei wir natürlich einen viel zu kleinen Gruppenraum haben (genau 23 Sitzplätze und 2 am Erwachsenen-Tisch) und unsere Jause und das Mittagessen auch in demselben Raum zu uns nehmen. Wenn eine Kollegin ausfällt, ist es derzeit leider nicht möglich einen Ersatz zu bekommen, daher muss dann eine Kollegin immer bis zu 10 Stunden arbeiten, um die fehlende Arbeitskraft auszugleichen. Aber auch vor der Corona-Pandemie haben wir nur sehr selten eine Vertretung bekommen!”
Eva, Pädagogin (Kindergarten), Steiermark
(7) „Wenn man Kindergartenkinder im Winter fertig macht für den Garten, 17 Kinder sich nicht die Gatschose anziehen wollen, 13 Kinder ihre Haube nicht finden, 8 Kinder einfach nur herumsitzen, man 10 statt nur 2 Hände bräuchte und 1 Kind fürchterlich weint, weil es vor einem anderen Kind Angst hat, und man einfach nicht die ZEIT hat, um das Kind beiseite zu holen und es zu trösten! DAS is sicherlich keine gute Rahmenbedingung!“
Ruti, Betreuerin (Kindergarten), Steiermark
(8) „In den letzten Jahren waren wir mit 25 Kindern immer voll. Unser Problem ist, dass die dreijährigen Kinder immer mehr werden. 8-10 Dreijährige bei 25 Kindern und nur 2 Betreuungspersonen ist eine große Herausforderung! Zu zweit kann man den Bedürfnissen der Kinder einfach nur sehr schwer bzw. gar nicht gerecht werden!!!”
Martina, Pädagogin (Kindergarten), Steiermark
(9) „Unser Kindergarten wird mit einer Kinderkrippe erweitert, doch leider fehlt uns noch eine Pädagogin. Neben Kinderdienst, Leitungsfunktion und Baustelle kommt der Erhalter eine Woche vor Start ganz nach dem Motto ,,das bisschen Spielen ist doch nicht so schwer“ zu mir. Der Vorschlag war, eine Reinigungskraft als Ersatz übergangsmäßig einzusetzen. Zum Glück war das Land da anderer Meinung. Trotz alledem fehlt noch immer eine pädagogische Fachkraft. Die Vormittagspädagoginnen werden dies mit Überstunden ausgleichen… ist ja nicht so, dass man als Vollzeitkraft viel Arbeit hätte. 50-60 Stunden im Kindergarten sind doch ein Klacks!“
Barbara, Pädagogin/Leiterin (Kindergarten), Steiermark
(10) „Gerade beim Mittagessen und Händewaschen stößt man ganz schön oft an seine persönlichen Grenzen – während eine Pädagogin damit beschäftigt ist, den Kindern dabei zu helfen am Tisch Platz zu nehmen, das Latzerl umzubinden, der erste Becher bereits umgefallen und der Boden überschwemmt ist, ist die zweite Person damit beschäftigt den restlichen Kindern beim Händewaschen zu helfen, danach mindestens ein Kind umzuziehen… Währenddessen haben zwei Kinder die Situation genutzt und sich aus dem Staub gemacht. Gefunden hab ich sie in der Garderobe neben unserem Blumenstock. Rundherum befand sich die gesamte Erde…“
Laura, Pädagogin (Krippe), Steiermark
(11) „Nachmittagsgruppe: Volle Gruppe, darunter vier Kinder, die erst 3 Jahre alt sind und viel Zuwendung suchen. Ein dreijähriges Mädchen macht sich in die Hose und weint (passierte damals regelmässig: der Tag war zu lang für sie) und wird von mir beruhigt und umgezogen. Währenddessen kommt ein dreijähriger Bub zu mir und weint, er hat Heimweh. Die Betreuerin war noch mit dem Reinigen des Mittagsgeschirrs beschäftigt. Ich nahm beide in die Arme und habe dann schlussendlich das Mädchen fertig angezogen und mich danach dem Buben gewidmet, dessen Traurigkeit sich bis dahin schon von selbst legen musste… Unschöne Situation, und für alle Beteiligten nicht befriedigend.
Garten gehen im Winter: Bis sich die ganze Gruppe angezogen hat, vergeht eine Stunde. Eine Betreuungsperson geht dann schon mal mit den ersten angezogenen Kindern raus und der zweite Erwachsene unterstützt die restlichen Kinder beim Fertigwerden. Wenn in dieser Situation ein Kind Aufmerksamkeit braucht, weil es Bauchweh hat, nicht rausgehen will oder sich in die Hose macht, kann kaum darauf eingegangen werden. Da muss jeder funktionieren und im Garten, wenn alle fertig sind, kann man dann Allfälliges klären. Gerade beim Begleiten beim An/-ausziehen würde so viel Potenzial zum persönlichen Austausch mit dem Kind geben.“
Martina, Pädagogin (Kindergarten), Steiermark
(12) „Wir wissen so viel… Wir möchten soo gerne… Wir tun uns soooo schwer… Die Anforderungen an die Elementarpädagogik, so wie es der Bildungsrahmenplan fordert, kann so nicht umgesetzt werden. Individuelle Förderung jedes Einzelnen braucht auch genügend dementsprechend qualifiziertes Personal, das diese Forderungen umsetzt… und das haben wir nicht.
Die Corona-Pandemie hat negative Seiten, aber sie zeigt uns auch durch die geringe Kinderanzahl, wie qualitätsvoll eine Beziehung zum Kind sein kann.“
Elisabeth, Pädagogin (Kindergarten), Steiermark
(13) „Letztes Jahr arbeitete ich in einer Kleinkindgruppe mit 15 Einjährigen. Darunter war ein Kind mit besonderen Bedürfnissen, zwei davon konnten noch nicht gehen. 6 Wochen lang habe ich keine Betreuerin bekommen und ich habe den ganzen Tag nichts anderes gemacht als Windeln zu wechseln und die Kinder zu füttern. Zu dem Ganzen wurde ich noch zurechtgewiesen, wieso ich nichts in meiner Planung stehen habe. Aber ich bin wirklich zu nichts anderem gekommen, und wusste eigentlich auch gar nicht was ich schriftlich abgeben soll…“
Elisabeth, Pädagogin (Kleinkindgruppe), Wien
(14) „Ich höre jetzt nach 6 Jahren auf, im Kindergarten zu arbeiten. Ich habe in Wien gearbeitet, beim Land Niederösterreich und privat, und es war alles zusammen eine Katastrophe. In jeder einzelnen Gruppe war ich alleine ohne Betreuerin, weil sie meist andere Aufgaben zu tun hatten. Das Gehalt ist ein absoluter Witz, und die Zustände in den Kindergärten sowieso. Ich gebe diesen Beruf endgültig auf.“
Marie, Pädagogin (Kindergarten), Niederösterreich
(15) „Ich könnte da ein paar Dinge zu den Rahmenbedingungen schreiben… Eines der traurigsten finde ich ist, dass Kolleginnen und ich, wenn wir einkaufen sind und sehen dass irgendwo Spielzeug, Puzzles oder Sonstiges im Angebot ist, wir das mit unserem privaten Geld kaufen, weil uns die Kinder so leid tun, weil wir kaum Spielsachen oder Material haben. Oder dass wir zum Beispiel in den Share & Care Gruppen auf Facebook sammeln, damit wir den Kindern im Kindergarten etwas bieten können.”
Denise, Pädagogin (Kindergarten), Burgenland
(16) „Ich bin leidenschaftliche Kindergartenpädagogin, und liebe es, ein Stück Wegbegleiter sein zu dürfen. Die Arbeit im Kindergarten habe ich nie als „Arbeit“ empfunden und war für mich immer wunderschön. Meine Beweggründe für eine Umorientierung im Bildungsbereich waren der Mangel des Personals und die große Anzahl der Kinder in der Gruppen. Eine dritte Person in der Gruppe wäre wünschenswert, um den Bedürfnissen der Kinder gerecht zu werden. Da ich auch in alterserweiterten Gruppen gearbeitet habe, hatten wir noch Kinder zu wickeln. Ein Beispiel: Eine Kollegin ist im Turnsaal (oder in der Küche, etc…) und man ist mit der Hälfte der Kinder alleine in der Gruppe, folglich kommt es schnell zu Engpässen bei der Aufsicht, wenn ein Kind gewickelt werden muss. Das ist Realität im Kindergartenalltag. Es wäre schön, wenn man bei 25 Kindern eine Person mehr in der Gruppe hätte oder die Kinderanzahl verkleinert wird.“
Tina, Pädagogin (Kindergarten), Steiermark
(17) „Alltagsgeschichte: Garderobensituation im Winter. Mütze, Schal, Fingerlinge, Winterstiefel, Schihose, Schijacke … 30-40 Minuten später: Pädagogin und Betreuerin sind durchgeschwitzt, die Kinder zum Teil auch … Mutter kommt, holt ihr Kind ab, und beschwert sich, dass ihr Kind unter der Schijacke die dünne und nicht die Kuschelweste anhat .“
Ursula, Pädagogin (Kindergarten), Steiermark
(18) „Als ich vor etwas über drei Jahren als Betreuer angefangen habe, habe ich schnell gemerkt wie schwierig es ist, allen Kindern gerecht zu werden. Ich habe damals ständig die Schuld bei mir gesucht – bin ich doch nicht für diesen Job geeignet? Oder brauche ich einfach noch mehr Praxis? Inzwischen ist mir klar geworden: es geht einfach nicht. Egal ob man alleine oder zu zweit in der Gruppe ist, über 20 Kinder sind einfach zu viel. Ich komme mir oft vor wie eine Flipperkugel, die hin- und herschießt und nirgendwo lange genug bleiben kann um pädagogisch nachhaltig zu arbeiten.“
Max, Betreuer (Kindergarten), Steiermark
(19) „Aufgrund der Pensionierung meiner direkten Kollegin war ich von Anfang Mai bis September alleine in der Kindergartengruppe mit 25 Kindern. War als Assistentin tätig und bekam die Gruppenführung für diesen Zeitraum nicht, und bekam auch nicht mehr Vorbereitungszeit.“
Michaela, Pädagogin (Kindergarten), Salzburg
(20) „Ich bin seit über 20 Jahren Pädagogin und auch Leiterin aus Leidenschaft. Ich liebe die Arbeit mit den Kindern und ihren Familien. Ich bin immer mit viel Motivation, Engagement und Energie an die Sache heran gegangen. In den letzten Jahren hat sich die Situation aber so zugespitzt, dass ich mich nach langen und intensiven Überlegungen dazu entschieden habe, die Leitung abzugeben und für mich persönlich einen neuen Weg zu suchen, da ich körperlich und psychisch massiv belastet war. Es ist einfach unmöglich geworden, allen Anforderungen in dem Maße gerecht zu werden, wie man es sich wünscht. Es gibt zu wenig Zeit, auf die Bedürfnisse der einzelnen Kinder einzugehen, verschwindend wenig Zeit für Teamentwicklung – dabei aber stark wechselndes Personal, da sich die meisten nach ein oder zwei Jahren neu orientieren; Elterngespräche in der Freizeit, dazu immer mehr junge Kinder, mehr Kinder mit besonderen Bedürfnissen und immer mehr Büroarbeit.“
Elisabeth, Pädagogin/ehemalige Leiterin (Kindergarten), Steiermark
(21) „Bevor ich bei meinem jetzigen Arbeitgeber angestellt war, arbeitete ich bei einem kirchlichen Träger als Springerin. Mein Dienstgeber hat mich gefragt, ob ich als Gruppenleitende Pädagogin bleiben möchte, weil die andere Pädagogin nicht mehr zurückkommt (ich wusste, dass sie nicht mehr konnte). Ich habe ihn dann gefragt, was ich genau verdiene, bei 20-25h. Er lachte und meinte, dass könne er mir nicht sagen, denn meine Arbeit wäre ja eh Gottes Lohn. Er wollte zudem, dass ich gleich den Dienstvertrag unterzeichne… Tja, ich habe den Job dann nicht angenommen und habe zu meinem jetzigen Arbeitgeber gewechselt.“
Sonja, Pädagogin (Kindergarten), Niederösterreich
(22) „Mit 25 Kindern zu zweit beim Mittagessen im Kindergarten: 15 Kindern muss man das Essen aufschneiden. 5 Kinder versucht man mit allen möglichen Tricks zu überzeugen, etwas zu essen, weil es die Eltern gerne hätten. 2 Kindern muss man aufs Klo nachlaufen, weil sie alleine die Hose nicht hochbekommen. Ein Kind davon war zu spät am Klo, das muss man nun umziehen und das Klo aufwischen. Die Kollegin läuft inzwischen im Zick-Zack-Muster durch die Küche. Ein Kind weint, weil es nach Hause möchte. Irgendwann sollte man auch die nächste Speise richten und die Küche aufräumen, da in Kürze die zweite Ganztagesgruppe zum Essen kommt. 2 Kindern sollte man mit vier Jahren noch ein Latzerl anziehen, weil sonst das schöne Gewand dreckig wird, die Kinder protestieren. Ein Kind hat sich mit Kartoffelpüree bemalen. Beim Wegräumen fällt einem Kind der Teller runter. Nebenbei muss man den Kindern nahelegen, wie man das Besteck richtig benützt.“
Melina, Pädagogin (Kindergarten), Steiermark
(23) „Ich arbeite als Pädagogin und Leiterin in einer Ganztagesgruppe in einer privaten Einrichtung. Meine Nachmittagsbetreuerin war häufig im Krankenstand und es war sehr schwierig, eine Vertretung zu finden. Aufgrund der hohen Kinderzahl mussten wir uns intern vertreten, öfters waren das dann 10-Stunden-Dienste. Zwischenzeitig wurden auch Pädagogikstudentinnen als Kinderbetreuerinnen eingesetzt, damit man nicht ständig selbst als Vertretung anwesend sein musste. Es war eine große Belastung für uns alle.“
Maria, Pädagogin/Leiterin (Kindergarten), Steiermark
(24) „Ich arbeite seit über 20 Jahren im Kindergarten und die Bedingungen haben sich in den letzten Jahren stetig verändert. War früher maximal ein dreijähriges Kind in der Gruppe, so sind es nun pro Gruppe 5-8 Dreijährige. Gerade die jüngsten Kinder haben andere Bedürfnisse und bräuchten noch mehr Zeit, Aufmerksamkeit und Zuwendung. Das schaffen wir zu zweit nicht in dem Maße, wie es notwendig wäre. Das junge Alter birgt natürlich auch noch das Problem, dass die Sauberkeitserziehung noch nicht abgeschlossen ist und wir einige Kinder mehrmals am Tag umziehen müssen, da „etwas daneben“ geht. Seit ein paar Jahren haben wir auch mindestens ein Kind in der Gruppe, das gewickelt werden muss. Auch diese Zeit fehlt für die restlichen Kinder. Was sich auch noch verändert hat ist, dass es immer mehr Kinder mit einer anderen Erstsprache gibt und wir die ersten sind, die ihnen unsere Sprache auf spielerische Art und Weise näherbringen. Ich arbeite sehr gerne, aber manchmal fühle ich mich von den Verantwortlichen im Stich gelassen.“
Tanja, Pädagogin (Kindergarten), Steiermark
(25) „Ich studiere weiter und hoffe, irgendwie aus der Position der gruppenleitenden Pädagogin „fliehen“ zu können, denn mittlerweile bin ich nach 7 Jahren im Kindergarten einfach fertig. Mein Beruf raubt mir ganz viel Energie und Kraft. Die Rahmenbedingungen; die enorme Verantwortung; die geringe Vorbereitungszeit, in die man alles reinpacken sollte; die psychische Belastung; der Umgang mit uns Pädagoginnen (herablassend, wie in der Schule, unter Beobachtung stehend, ständige Kritik, Fleiß wird auch nicht entlohnt); manche Eltern, vor denen man sich wegen Kleinigkeiten verteidigen muss; die geringe Hilfe bei Konflikten bzw. im Umgang mit Kindern mit besonderen Bedürfnissen und der Personal-Kind-Schlüssel macht es schlichtweg unmöglich, die Kinder adäquat zu fördern… Die geringe Entlohnung für unseren wichtigen Beruf; das ständige Rechtfertigen müssen, dass unsere Arbeit auch eine „Arbeit“ ist; und die vielen Kinder, die man alle fördern, trösten, beruhigen, ihnen emotionale Wärme geben sollte und es durch die schlechten Rahmenbedingungen einfach nicht kann … Der Gedanke, dass man keine Bildungsmittel zur Verfügung hat, um die Kinder altersgemäß fördern/bilden zu können, privates Geld in Bildungsmittel steckt, damit man besseres Material zur Verfügung hat, keine Pausen und der enorme Lärmpegel … Genau das alles summiert sich und deshalb mache ich diesen einstigen „Traumberuf“ nur mehr dieses Jahr, denn ich gehe sonst kaputt daran. Ich habe damit abgeschlossen, dass sich jemals etwas an den Bedingungen ändert.“
Juliane, Pädagogin (Kindergärten), Niederösterreich